Klatsch, Klatsch, Klatsch

 

2014 habe ich an einem Schreibworkshop in der BA in Wolfenbüttel teilgenommen. Das Thema "Zugespitzt. Kurzformen in Sciencefiction, Horror und Fantasy.

Und wenn ich es mir so überlege sind die Steingeschichten eigentlich genau auf dieser Basis des Lernens aufgebaut.

Danke an Olaf Kutzmutz, Uwe Anton und Klaus N. Frick.

Die Geschichte, die ich damals eingereicht hatte...... nun ja wurde ganz schön von den Teilnehmern - zu recht - auseinander genommen.

Ich habe dann aus den 8 Seiten einfach eine längere gemacht. Die Story kommt hier auch noch mal rein.

Aber jetzt erst einmal die Schreibübung an dem Wochenende.

Eine Kurzgeschichte mit folgenden Vorgaben:

Friedhof
Spannend
Und nicht albern

Und es ist dunkel

 

Und das ist in Wolfenbüttel entstanden.

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Mein Fahrrad kannte den Weg. Wie jeden Monatsanfang wollte ich nur weg, weg von zu hause.

Klatsch. Klatsch. Klatsch.

Dieser Ton der Spielkarten in den Speichen begleiteten mich durch die Nacht.

Klatsch. Klatsch Klatsch.

Und durch meine Gedanken.

Der Lichtkegel meines Fahrrades, pendelte hin und her, und durchdrang die Nacht nur mühsam. Dazu kamen noch meine Tränen.

Endlich nahm ich die Umrisse meines Zieles war. Das Haus meines Onkels, dem Küster von Radbruch.
Alles war dunkel. Kein einladendes Licht, kein bläuliches Flackern des Fernsehers. Nichts. Alles war anders als sonst.

Das hätte ich mir aber auch denken können. Schließlich war es schon Dunkel. Eigentlich hätte ich schon längst im Bett sein sollen, wie es gute Mädchen sind.

Also blieb mir nur meine „Burg“ auf dem Friedhof. Die Zuflucht in Form eines alten, ausrangierten Wohnwagens. Manchmal erschien es mir, dass er älter war, als so manche verwitterten Grabsteine, die neben ihm kauerten. Ich lehnte mein Fahrrad an einen solchen und betrat den Wohnwagen.

Alles war so, wie ich es verlassen hatte. Sorgfältig öffnete ich meinen Rucksack, nahm Fanti heraus, legte mich auf die alte Matratze und kuschelte mich in die Decke.

Ich fand jedoch keinen Schlaf. Irgendetwas war anders.

Klatsch, Klatsch, Klatsch.

Das Geräusch durchdrang die Nacht. Ich konnte es nicht einordnen. Ich konnte es nicht erfassen. Die Zweige der Bäume waren es nicht. Dazu stand der Wohnwagen von ihnen zu weit weg. Meine Spielkarten auf dem Fahrrad auch nicht.

Aber was war es?

Gab es doch Geister?  Nein. Onkel Klaus sagte immer, das es keine Gespenster und Monster gab. Nicht unter dem Bett und erst recht nicht auf einem Friedhof.

Ich bereute schon einfach davon gelaufen zu sein, als ich ein Schaben an der Tür des Wohnwagens bemerkte.

Da war etwas. Da war jemand. Ich war doch ein böses Kind. Jetzt werde ich geholt.

Langsam öffnete sich die Tür.

„Maria! Nun komm. Es ist schon spät.“ und ich blickte in die gemütlichen Augen meines Onkels.


Meteor 2

 

Er war schon Millionen von Lichtjahren unterwegs. Einst ein gewaltiger Planet, der aus seiner Bahn geworfen wurde, und nun nur noch ein Schatten seiner selbst. Ein kleiner - gut 10 Meter großer - Stein, der durch das Weltall rast. Er hatte gewaltige Sonnensysteme und Galaxien durchstreift. Einige Planetenbahnen durcheinander gebracht und weiter geeilt. Immer tiefer in die Schwärze des Alls.

Einmal sogar war er beinahe von einem Schwarzen Loch verzehrt worden, aber konnte noch in letzter Minute ausweichen, in dem er die Anziehungskraft eines kleinen Mondes ausnutzte, der jedoch wenige Augenblicke anstelle seiner von dem Loch erfaßt wurde.

Ein anderes Mal entkam er nur knapp einer Supernova. Dieses Ereignis hatte ihn damals ungefähr die Hälfte seiner Masse gekostet, die nämlich verglühte.

Er ist sogar an zwei Planeten vorbei geflogen, deren Bewohner sich mit Raumschiffen gigantische Schlachten lieferten. Eines der vierarmigen Wesen müßte eigentlich noch an einer Stelle auf ihm liegen, oder ist diese schon abgefallen?

Seit einiger Zeit jedoch spürt er einen Sog, der ihn unbarmherzig diesem merkwürdigen, bläulichen Planeten entgegen zieht. Er kann nichts mehr tun. Er ist nun in das Gravitationsfeld dieses Planeten geraten.

Da tritt er in die Atmosphäre ein und fängt an zu glühen. Ihm wird unerträglich heiß. Kleine Brocken fallen als Funkenregen herab und verlöschen. Aus einer dicken Wolkendecke tritt etwas Merkwürdiges heraus. So etwas hatte er noch nie gesehen - und wird auch nicht mehr darüber nachdenken können. Als er mit dem Objekt zusammenprallt vergeht er in einem Regen aus Stein, Metall und zerstümmelten Körpern.


Meteor 1

New York, Stadt des Lasters und des Elends. Nach der großen Katastrophe, die die Ölreserven der Welt nahezu zerstört hat, ist die Stadt noch weiter verkommen. Nach dem Krieg der Araber gab es eine Zeit des Terrors, der Mafia, wie einst in Legenden berichtet. Im vorherigen Jahrhundert soll es eine Zeit der Gangster gegeben haben, die Zeit der Prohibition, oder so. Auf jeden Fall durfte damals kein Alkohol verkauft oder konsumiert werden. Gangsterbanden bekämpften sich zu jener Zeit.

Nun, im Jahre 2030, in dem unsere Geschichte seinen Anfang nimmt, ist es nicht anders. Irgendwie haben die Wissenschaftler recht, in dem sie behaupten, daß alles wiederkehrt.

Ein Mann, Ende zwanzig, sehr muskulös und durchtrainiert, geht die Straße entlang. Ein Gleitbus kommt heran und hält, da der Pilot die ausgestreckte Hand seines zukünftigen Gastes gesehen hat.

Ich steige ein und setzt mich neben zwei Jungen die begeistert das neuste Produkt der NIPPON ELECTRONICS COMPANY benutzen. Ich habe diese tragbaren 3D-Hologramm-Videospiele noch nie gemocht. Eigentlich verblöden sie unsere Kinder. Meine Augen blicken einige Zeit zu ihnen hinüber. Diese beiden Jungen haben soeben den dreihundertsten Hologleiter der Kalagos abgeschossen und freuen sich übermütig.

"Sagt mal, Jungs. Solltet Ihr nicht in der Schule sein? Ich glaube nicht, daß schon Ferien sind, oder?" frage ich.

Einer der Jungen schaut mich mit glasigem Blick an. "Nö, aber warum soll ich denn zur Schule gehen? Da ist doch heute sowieso nur Mist. Diese ganze Grütze ödet mich an. Ich will lieber spielen und rum fahren." Dann wendet er sich wieder seinem Kameraden zu.

Ich frage mich gerade, ob es wohl früher auch so war, als plötzlich der Bus aus seiner Bahn geworfen wird. Der Pilot verliert mit ein paar wüsten Beschimpfungen die Kontrolle, und unser Gefährt rast mit 100 Meilen dem Himmel über New York entgegen um sich dort mit den dunklen, drohenden Smogabgasen zu vereinen. Vielmehr versinken wir in diesen Wolken aus Dreck und Gasen.

Auf einmal sind die beiden neben mir nicht mehr so mutig und werden blasser und blasser.

"So tapfere Sternenkrieger, wie Ihr, haben doch keine Angst, oder? murmle ich und blicke sie an.

Mit großen, ängstlichen Augen schauen die beiden zu mir herüber. "Doch. Das haben wir. Sie etwa nicht?"

"Ich bin nur ein kleiner Angestellter, der sich in seiner Freizeit eigentlich nur etwas fit hält. Diese sitzende Tätigkeit als Kassierer ist nicht jeder Manns Sache. Aber ich habe auch meine Probleme mit dieser Situation fertig zu werden. Um mich in Euer Sprache auszudrücken: Ich habe die Hosen gestrichen voll!"

Diese Worte scheinen die beiden etwas zu beruhigen, und sie schauen, wie ich, in das Grau der Wolken.

Ich spüre einen Ruck durch den Bus gehen als wir die Wolkendecke durchbrechen. Da sehe ich diesen großen Meteoriten aus dem Himmel auf uns zu fallen. Noch heute höre ich dieses Staccato von berstenden Trümmern, zerbiegenden Metalls und sterbenden Menschen. Einer der Jungen segelt an mir, in zwei Hälften von einer Fensterscheibe geteilt, vorbei. Die Zeit vergeht wie im Zeitlupentempo. Ich kann deutlich die ängstlichen, zum Teil gräßlich entstellten, Gesichter der anderen Mitreisenden erkennen. Die Arme überdeutlich ausgestreckt. Einige Fallschirme öffnen sich nicht, andere verheddern sich gegenseitig und stürzen mit ihren Opfern der Erde entgegen.

Plötzlich trifft mich etwas an die Stirn und raubt mir das Bewußtsein. Ich kann gerade noch die Reißleine meines Fallschirmes, den jeder Reisende unmittelbar nach antritt der Fahrt anlegen muß, ziehen. Danach schwebt der Schirm hinab durch die Wolken und beendet seinen Flug mit einer unschönen Landung auf dem Dach des Gebäudes der FIRST NATIONAL BANK.

Wie Sie merken, hatte ich schon immer einen ausgefallenen Geschmack.


Das Haus des Admirals

Es war eine raue Nacht gewesen, als die alte Barke in den sicheren Hafen von Glückstadt einlief.

Der Sturm hatte dem Schiff sehr zugesetzt, und von der Mannschaft war nur noch eine Handvoll übrig geblieben.
Der Rest von Trümmern und Segel erschlagen, oder in die See gespült.

Die Männer waren froh, endlich wieder festen Boden unter den Füßen spüren zu können.
Obwohl das für einen Seebären sehr ungewöhnlich war.

Und dort am Hafenrand stand, wie jedes Mal, eine Gestalt auf dem Balkon seines Hauses.
Immer in Uniform und mit einem langen Mantel bekleidet, der nun durch den Sturm aufgebläht wurde, so als ob er ein Eigenleben hätte und den Mann umspielte. Sein Gesicht war durch die salzige Seeluft mit unzähligen Furchen durchzogen, seine Wangen eingefallen und sein Alter dadurch überhaupt nicht einzuschätzen.

Torben knuffte seinen Kameraden Alto an.
„Schau mal. Da steht er wieder. Der Admiral.“

Verängstigt senkten sie ihre Blicke.

Der Admiral war eine Institution in Glückstadt. Keiner konnte ihn leiden; seine raue, hochnäsige Art waren alle ein Dorn im Auge. Aber er hatte die Macht. Er hatte im Hafen das Sagen.
Da trat eine junge, wunderschöne Frau an die Seite des Admirals. Sie umarmte ihn von hinten und lehnte den Kopf an seinen Rücken.

Die beiden Männer auf dem Schiff blickten sich an.

„Das solch ein altes Raubein solch eine junge hübsche Frau hat ist ungerecht.“
Alto sagte dazu nichts. Denn er hatte bereits für heute Nacht andere Pläne.

Als sie angelegt hatten gingen die Männer nach Hause oder in die Kneipe „Zum Goldenen Segel“ um die Strapazen der langen Reise zu vergessen.

In der Nacht schlich sich eine Gestalt durch die Winkeln und Gassen von Glückstadt. Jeden Schatten und jede Dunkle Stelle ausnutzend gelang sie so vor das Haus des Admirals.

Sie erklomm mit Hilfe einer Ranke den Balkon und klopfte leise an die Tür des Gemachs. Agnes öffnete die Türe nur mit einem leichten Schlafgewand bekleidet und ihr Geliebter konnte hinein schlüpfen. Alto umarmte die Frau des Admirals stürmisch und liebte sie danach wild, verlangend.

Der Admiral bemerkte nichts davon.

„Nun mach schon. Du musst gehen, Geliebter. Wenn der Admiral dich hier erwischt....“
Das half. Rasch zog sich Alto an und verließ das Gemach ebenso leise, wie er gekommen war.

Kaum hatte sich Agnes wieder einigermaßen Frisch gemacht, da betrat Torben den Balkon.
„Geliebte. Ich dachte ich würde heute Nacht nie mehr das Glück haben, Deinen Körper zu spüren. Es brannte noch lange das Licht.“

„Nun ja,“ kam es leicht von den Lippen der Frau. „Der Admiral hat nach mir verlangt und ich musste meinen ehelichen Pflichten nachkommen.“ Sie sah Torben an, umarmte ihn und zog ihn sanft in ihre Bettstatt. Dort liebten sie sich leidenschaftlich.

Auch Torben musste dann rasch gehen – und als nächstes kam der Smutje der Barke an die Reihe.
Dem Admiral wurden alleine in dieser Nacht 6 mal die Hörner aufgesetzt.

Eines Nachts hatte Agnes aber dann doch den Bogen zu sehr überdehnt.
Torben lag gerade in ihren Armen als überraschend der Admiral das Zimmer betrat.
Mit irrem Blick zog er sein Schwert und stürmte auf den Matrosen los. „Dir werde ich es zeigen, Du Hurensohn!“
Und mit einem Seitenblick auf seine Frau raunte der alte Mann noch: „Und Du kommst auch noch dran. Mich so zu hintergehen.“

Der Hieb des Admirals war so kräftig geführt, dass er den Kopf vom Halse trennte. Der Kopf rollte über den Boden und blieb mit dem Gesicht auf Agnes gerichtet liegen. Stumm klagten die Augen die Frau an.

Dann wirbelte der Admiral herum So behände hatte Agnes ihren Mann noch nie gesehen. Sie ergriff den Kerzenständer, der auf dem Nachttisch stand und wehrte den ersten Angriff ihres Mannes ab.

Dieser Fluchte und begann einen neuen Versuch. Doch sein Degen verkannte sich in den Armen des Kerzenständers und
er konnte ihn nicht wieder herausziehen. Agnes öffnete die Balkontür und trat in die eisige, stürmische Nacht hinaus. Ihr Haar wirbelte herum, das Gewand umspielte den Körper und der Admiral erhaschte noch einmal kurz den Blick auf den wunderschön geformten Busen der jungen Frau als diese die Ranke hinunter klettern wollte.

Da plötzlich fuhr eine heftige Windböe durch das Geäst und riss die Frau mit sich. Sie bemerkte nicht einmal mehr wie sie auf den Boden aufschlug und ihr schöner Körper im unnatürlichen Winkel liegen blieb.

Der Admiral hatte dieses Ereignis nie verarbeitet und starb griesgrämig und einsam in seinem Haus am Glückstädter Hafen.

Heute steht dort eine moderne Jugendherberge und Bewohner erzählen sich so manche unheimliche Geschichten. Eine wollte gespürt haben, wie raue Lippen sie im Schlafe angehaucht hätten, eine andere berichtete davon, dass sie sich ganz komisch fühlte, in die Länge gezogen und nicht von dieser Welt.

Und ja, dann gibt es ja noch die seltsamen Geräusche in der Nacht, das Klopfen an den Türen morgens, und an manchen Nächten soll man auch noch eine einsame Gestalt auf dem Felsen vor dem Hause sehen können.

Das Seltsamste jedoch ist, dass sich in dem Raum, wo die meisten Phänomene auftreten, das Zimmer 212 im zweiten Stock ist. Genau dieses Zimmer war damals das Schlafgemach.

Seltsam? Aber so steht es geschrieben.

 


Wasser

Es ist ein heißer, schwüler Tag. Die Menschen gehen ihrer Arbeit nach, und fühlen sich dabei nicht wohl, denn die Hitze ist unerträglich. Die täglichen Wasserrationen sind vergangene Woche wieder reduziert worden, die Lebensmittel die Woche davor. Die Leute murren aber nicht, denn den Grund werden wir gleich erfahren.

Ein Junge von etwa 12 Jahren geht die Straße entlang zu seiner Wasserausgabestelle, der er zugeteilt wurde. Seitlich von ihm ragen die dunklen Fassaden der Wolkenkratzer in die Höhe. Stählerne Kolosse, die alles unter sich begraben wollen. So hat es zu mindestens den Anschein, denn den Himmel kann man auf der untersten Straßenebene nicht mehr sehen. Wir wissen ja noch alle, wie es vor der Straßenreform unserer Regierung war.

Die Straßen wurden immer voller; die Luft noch mehr durch Abgase verpestet. Der Straßenverkehr nahm zu, genauso wie die Verkehrstoten. Nur Letztere stiegen über proportional an. Rund 10.000 Menschen kamen alleine in unserer Stadt, damals noch New York genannt, im Jahre 2060, bzw. das Jahr 5 VOR MURRAY, ums Leben. Die Polizei hatte keine Kontrolle mehr. Von Verkehrsregelung konnte bald keine Rede mehr sein.

Das ist ja heute auch nicht anders, aber auf vier Straßenebenen. Die Straßen in den Großstädten wurden vor 20 Jahren durch die ROYAL MURRAY ROOVER STREET COMPANY, einer Tochterfirma der ROYAL STEEL MINE, die wiederum der ROYAL LTD. gehört, deren Präsident - rein zufällig natürlich - der Bruder unseres Monarchen ist, gebaut. So bleiben wenigstens unsere Steuergelder in der Familie. Aber das wissen wir ja als gute Bürger unseres Staates alles, nicht war? Lang lebe unser Monarch Murray I., von Gottes Gnaden.

Aber zurück zu dem Jungen. Sie müssen einem alten Mann wie mir schon verzeihen. Ich habe soviel erlebt, daß ich ganz gerne mal vom Thema abschweife. Mit 75 Jahren werden Sie nicht anders sein; bewusst oder unbewusst. Glauben Sie mir.

Also der Junge kommt zu der Wasserausgabe und reiht sich in die Schlange ein. Er wartet geduldig bis er an der Reihe ist, bekommt aber keinen Tropfen, da er schon gestern seine heutige Ration vorab erhalten habe.

"Nun hören Sie mal. Das stimmt überhaupt nicht. Ich habe gestern gar nichts erhalten. Ich war ja nicht mal da."

"Ich weiß genau, wem ich gestern Wasser gegeben habe und wem nicht. Schließlich führe ich ja genau Buch. Und nun verschwinde wieder, die Erwachsenen warten schon. Du bist nicht der Einzige hier!"

"Ja, Ja. Ich habe alleine schon fünf aus Deiner Familie gesehen, und weitere waren wohl schon da. Mein Großvater sagt immer, dass Ihr alle korrupt seit. Meine Ration hat bestimmt Deine Schwester gekriegt, oder? Das ist bei Euch Regierungsleuten doch immer das Gleiche."

"Mein Junge. Was Du da aufstellst, sind bodenlose Unterstellungen. Ich bevorzuge keinen, nicht mal meine Familie. Ist das klar?"

Die Frage unterstreicht der Beamte noch mit erhobener Faust.
Der Junge hat vieles von seinem Großvater gelernt. Er lässt sich nicht einschüchtern.

"Du kannst mir keine Angst machen. Ich bin schon mehr geschlagen worden, als ein alter Teppich. Es ist aber doch war, was ich sage."

Die Leute werden schon unruhig. Der Kleine redet sich um Kopf und Kragen. Nervös schauen sie sich um. Aber noch ist keine Polizei zu sehen. Und so hoffen sie, dass der Junge doch noch die Kurve kriegt.

"Es reicht. Ich werde mich nicht mehr länger mit Dir befassen. Der Nächste bitte. Ich werde Dir nichts geben. Und nun verschwinde, ehe ich böse werde."

Der Junge zeigt sich in keinster Weise beeindruckt. Nun, eigentlich ist die nun folgende Situation nur aus seiner Starrköpfigkeit, die er auch von seinem Großvater übernommen hat, entstanden.

Der kleine Staatsbürger lässt sich nicht ab wimmeln und so kommt es zu einem handfesten Streit mit der Folge, dass doch noch die Polizei mit schweren Gleitern kommt. Der Junge flieht mit Tränen in den Augen, doch die Beamten sind schneller: drei Schüsse treffen den Körper, und der Junge spürt nicht einmal mehr, wie sein Kopf auf das Pflaster der Straße knallt - und auch das Lachen des Mannes an der Abgabestelle hört er nicht mehr.

Mein Enkel hat eigentlich einen besseren Tod verdient.


Margarete

 

Hintergrund: In einem Schreibworkshop, an dem ich 2001 teilgenommen habe, hatten wir in Gruppenarbeit die Person der Margarete erschaffen und folgenden Sachverhalt als Aufgabe erhalten:

Margarete Schneider-Hansen, 59, stämmig, Landwirtin, verwitwet, 5 Kinder. Hobby: erotische Geschichten im Internet schreiben. Besondere Eigenschaften: fast vorurteilsfrei. Sie findet eine Leiche in ihrem Vorgarten und 1 Mio. Euro. Dann klappt die Tür zu.

Und hier ist meine Geschichte:

 

 

Da lag sie nun. Die Leiche eines Mannes und verschandelte ihren Vorgarten. Das Gras, geknickt durch das Gewicht des Körpers färbte sich rot. Oh Gott, dachte Margarete Schneider-Hansen und schüttelte den Kopf.

Man gut, dass Hermann dieses nicht mehr erleben muss – oder drehte er sich gerade im Grabe um?

Die Bäuerin aus dem schönen Schleswig-Holstein war vor 5 Minuten aus Ihrem Haus in der Nähe von Leck, einer Ortschaft zwischen Niebüll und Flensburg gelegen, getreten und stand dieser Leiche gegenüber.
Nun ja – die Leiche lang und Margarete stand.
Um die Frau herum war nur das Geschnatter der Gänse und Hühner, das Muhen der Kühe und das entfernte Bellen eines Hundes.
Das Geräusch der zuklappenden Tür durchdrang wie ein Fremdkörper die natürlichen Laute.

„Margarete, Du darfst nicht immer die Hintertür offen lassen, wenn Du die Vordertür aufmachst, “ sagte sie zu sich.“ Das zieht doch, mein Kind.“

Rasch blickte sich die Bäuerin um, trat an die Leiche des Mannes heran und beugte sich herab. Oh je, Oh je. Was mache ich jetzt bloß, dachte die Landwirtin. Am Liebsten säße sie jetzt an ihrem PC um erotische Geschichten zu schreiben. Auch könnte sie mal wieder als „Margi185“ im Chat-Room auf Männerfang gehen. Die Kerle dachten immer sie sei 23 und nicht 59, Witwe und Mutter von 5 Kindern.
Die Bäuerin lächelte.
„Schluss jetzt!“ sagte Margaret zu sich. „Das ist eine ernste Sache!“

Ihr Blick blieb wieder an der Leiche haften. Gut sah er aus, der Mann der so vor ihr lag. Könnte einer der Hauptpersonen in einem Ihrer Geschichten sein. Noch einmal der rasche Blick nach allen Seiten absichernd. Dann die Tasche aufgemacht, die neben dem Mann lag.
Margarete schrie auf: Vor ihr lagen ein großer Stapel von Banknoten gebündelt. Das dürften einige Tausend Euro sein, dachte sie. Ein weiterer absichernder Blick folgte dieser Entdeckung.

Och, dachte die Bäuerin, das Geld könnte ich gut gebrauchen.
Wenn sie nur an das Dach der Scheune dachte, das eigentlich nur noch mit gutem Willen zusammengehalten wurde, oder an den Kamin. Mit ein paar Bündeln konnte man schon was anfangen.

Rasch nahm sie die Tasche mit dem Geld, ging zu einer Tonne im Garten und verstaute diese dort. Dann eilte sie zurück zu der Leiche. Die war nun nicht so leicht zu verstecken. Da blitzten Ihre Augen auf. Natürlich, das war die Möglichkeit. Rasch war ein Plan gefasst, der sofort in die Tat umgesetzt wurde.

Die stämmige Landwirtin holte eine Schubkarre, die sorgfältig mit einem Sack ausgelegt war, hievte die Leiche darauf und fuhr mit ihr über den Hof. Kurze Zeit später – nach einem sehnsüchtigen Blick aus Margaretes Augen – versank die Leiche in der Güllegrube.

Übrigens, der Bauernhof unserer Margarete sieht wieder sehr schnieke aus und ist eine Bereicherung unseres Ortes.


Roberts‘ Reise ins Glück

 

Robert freute sich schon sehr lange auf diese Reise. Auch wenn er es nicht so zeigen konnte, wusste er genau Bescheid: Seine Eltern würden morgen mit ihm nach Amerika fliegen.


Der Siebenjährige hatte bis jetzt noch nie ein Flugzeug von nahem gesehen, geschweige denn bestiegen. Nur hoch am Himmel, ganz winzig, hatte er sie schon glänzen gesehen und ihre Kondensstreifen so lange beobachtet, bis sie verweht waren.


Manchmal las seine Mutter ihm eine Geschichte vor; am liebsten hatte er die, die vom Flughafen handelte. Er träumte davon, genau wie ein Vogel oder ein Flugzeug in den Himmel zu steigen und dort einfach die Freiheit zu genießen.


Robert lebte in seiner eigenen Welt. Eine Welt, die nur er betreten, und wenn er es ganz fest wollte, auch verlassen konnte. Aber diese Augenblicke waren selten. Warum auch. Hier war er König. Hier konnte ihm keiner Vorschriften machen. Er hatte die Kontrolle. Da draußen hatte er sie nicht.


Zu erst hielten ihn seine Eltern einfach nur für verschlossen, und so mancher Arzt hatte gemeint, „dass es sich schon geben würde“. Hatte es aber nicht. Robert blieb in sich gekehrt und still.
Robert war Autist.


Keiner konnte mit ihm in Kontakt treten. Niemand ihn aus seiner Welt ziehen. Aber manchmal, wenn Robert es wollte, ließ er etwas von sich in die reale Welt hinein.


Das sollte sich aber jetzt mit der Reise ändern.


*


Der nächste Morgen war spannend, und Robert ertappte sich dabei, die reale Welt an sich heran zu lassen. Die Taxifahrt, der Flugplatz mit den vielen Flugzeugen und schließlich der Pilot, der sie aufs herzlichste an Bord begrüßte.


Er durfte ausnahmsweise ins Cockpit und auf dem Schoß des Mannes das ganze Flugzeug alleine steuern.


Robert genoss die vielen neuen Eindrücke - genauso wie die Wellen jetzt. Er schwamm mit Jim in einer Lagune. Jim war nett und half ihm im Wasser. Mal verschwand er, tauchte vor Robert wieder aus den Fluten; zeigte ihm, wie herrlich die reale Welt sein konnte.

Das Glitzern der Wassertropfen, die vom Körper des Delphins wieder ins Meer glitten und dabei die Sonnenstrahlen brachen, war unbeschreiblich. Den Schatten des Meeressäugers vor der Sonne, wenn er sprang, würde Robert nie vergessen. Einfach wunderschön.
Jim war unermüdlich, nichts konnte ihn aus der Ruhe bringen.


Robert hielt sich an der Rückenflosse fest und der Delphin durchpflügte mit dem Jungen die Wellen. Schneller und immer schneller wurden die beiden – aber nie übermütig. Im Meer hatte der Delphin die Kontrolle übernommen und Robert überließ sie im gerne.

 Jetzt lernte der Junge wieder, was Vertrauen bedeutet. Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten, und die anderer – zum Beispiel seiner Eltern, die am Ufer standen und das Geschehen aufmerksam verfolgten.


Zum ersten Mal seit langer Zeit hörten seine Eltern den Jungen wieder lachen. Es war ein unbeschreiblich kindlicher, fröhlicher Laut, der da vom Meer hinüber schallte.


Robert war einfach nur glücklich.


Mutter und Sohn

 

Das entfernte Donnern von Kanonenschüssen drang an das Ohr der Frau, die gerade für den Jungen am Tisch Abendessen zubereitete. Mit jedem Schuss zuckte die Frau zusammen. Ihr Sohn am Tisch bemerkte davon nichts. Er sah mit glasigem Blick hinaus aus dem Fenster. Dort unten auf der Straße marschierte gerade ein Trupp Soldaten, mit sauberen Uniformen und gewichsten Stiefeln, die ein monotones Trommeln auf dem Asphalt verursachten, und aufgezogenen Bajonetten, und der Junge blickte voller Sehnsucht auf sie herab.


Seine Augen füllten sich mit Tränen. »Warum darf ich nicht mit den da unten gehen?«, fragte er mit zitternder Stimme.


Darauf hatte seine Mutter nur gewartet. Bevor sie ihrem Sohn antwortete ging sie zur Spüle, wusch sich die Hände und blickte in den verblassenden Spiegel. Die Frau, die sie aus dem Spiegel mit tief geränderten Augen ansah, konnte unmöglich sie sein. Die Frau dort hatte wirre, ergraute Haare und einen gehetzten Blick, vom Krieg gezeichnet.


Mit einem Seufzer drehte sie sich um und sah ihren Sohn traurig an. Es musste ja eines Tages so weit sein, dachte sie. Jürgen ist jetzt 16 Jahre alt und meint erwachsen zu sein.


„Dafür bist du noch viel zu jung,“ antwortete sie und setzte sich zu ihrem Sohn.


Ihre Blicke trafen sich und beide sahen in zwei traurige, tränengefüllte Augen, deren Ursprung unterschiedliche nicht sein konnten.


„Bin ich nicht,“ kam es prompt zurück. „Klaus aus dem Nachbarhaus ist schon fort und viele meiner Klassenkameraden auch.“


„Klaus ist schon achtzehn,“ sagte die Mutter,“ und außerdem zweimal in der Schule nicht versetzt worden.“


Jürgen blickte wieder hinaus aus dem Fenster und sah gerade noch, wie der letzte Soldat um die Ecke Wilhelmstrasse / „Kastanienweg“ bog. Die Augen seiner Mutter folgten dem Sohn und beide vergaßen für einen Augenblick das Gespräch um sich zu sammeln. Seit dieser Franzose Napoleon Kaiser geworden ist und den Krieg angefangen hatte, war das Leben nicht mehr so wie Früher. Es war alles anders geworden. Die Franzosen waren jetzt schon über den Rhein und auf dem Weg, daß ganze Land zu erobern.


„Thomas ist auch bei den Soldaten.“


Die Worte drangen an ihr Ohr und führten zu einem fahlen Nachgeschmack im Mund.


„Das ist richtig. Aber wir wissen nicht, was aus ihm geworden ist.“
Ihr Sohn, bei den Soldaten. Kanonier wollte er werden und es den Franzosen zeigen.


„Wir haben schon seit Monaten keine Nachricht erhalten.“


Jürgens Gedanken schweifen ab. Er sieht eine Blut befleckte die Uniform, die um eine unförmige Masse Fleisch lag.


Jürgen stand auf und haute mit der Faust auf den Tisch.


„Genau!“, brüllte er. „Und deshalb muss ich dort hinaus!“ Der Junge deutete mit der anderen Hand auf das Fenster während er seine Worte mit dem Trommel der anderen Handfläche auf der Tischplatte unterstützte. „Glaubst du etwa, ich denke nicht an Thomas? Ich vermisse ihn genauso wie du. Auch hoffe ich, dass er noch lebt. Aber ich kann doch nicht zusehen, wie alle meine Freunde ins Feld ziehen und den Feind bekämpfen, nur ich nicht.“


Er ist ebenso wie du gealtert, Hermine, dachte die Mutter. Da bist du nicht die Einzige. Aus dem Mund deines Sohnes spricht kein 16jähriger.


Ihre Schultern sackten nach unten.


„Schrei nicht so...“ flüsterte sie. „Es reicht schon, wenn ich dieses Gedonner aus der Ferne hören muss. Im Übrigen, so spricht man nicht mit seiner Mutter.“


Das war klar. Es fängt wieder an, dachte Jürgen und verdrehte die Augen. Immer die gleiche Leier.


„Wenn Vater noch leben würde, hätte er dir schon längst den Hosenboden strammgezogen.....“
„... und dann währst du ohne Abendessen ins Bett.“ vollendete Jürgen den Satz. „Ich weiß, Mutter.“ Seine Stimme tropfte vor Hohn und sein Blick sprach Bände.


Plötzlich brach seine Mutter am Tisch weinend zusammen, und Jürgen bereute seine Worte schon wieder.


„Weine nicht, Mutter,“ sagte er und legte seinen Arm um die Schultern von Hermine. „Versteh‘ mich doch bitte. Ich muss Vater rächen und Thomas finden. Willst du denn nicht wissen, was aus ihm geworden ist.“


„Ich will dich nicht verlieren! Du bist doch alles, was ich habe. Dieser Krieg, dieser verdammte Krieg.“ Die letzten Worte waren nur ein Hauch klein und drangen nur schwer an das Ohr des Jungen.


Dieser sah‘ seine Mutter nicht an. Fast schien es so, als habe er Angst davor, seine Mutter jetzt so zu verletzen. Doch es musste sein.


„Ich werde gehen!“ rief Jürgen aus und stürmte in sein Zimmer. Die Tür flog zu und die Frau am Küchentisch war allein.


Wir sind wirklich im Krieg, dachte Hermine als sie mit gebeugtem Rücken vom Tisch aufstand. Nur bekämpfen wir uns gegenseitig und nicht die Franzosen. Mit Worten als Waffen.


Währenddessen öffnete Jürgen seinen Schrank und entnahm ihm einen Sack mit Wäsche, den er schon vorbereitet hatte. Er war fest entschlossen. Diesmal würde es klappen. Der Junge hatte es sich schon mehrmals vorgenommen, und das Gespräch vorhin war auch bei Weiten nicht das Erste gewesen, dass vom Weggehen handelte.


Mutter ist verbittert und lebt in der Vergangenheit. Diesmal wird sie mich nicht aufhalten.


Aus der Küche hörte er das klappern von Töpfen das Geraune seiner Mutter. Von der Straße aus drangen wieder die schweren Stiefel auf dem Asphalt an sein Ohr. Jürgen ging zum Fenster. Er öffnete es und beugte sich hinaus, so dass er den Blick frei auf die Soldaten hatte.
Diese schnicken Uniformen in Blau und Grau. Dazu die schwarzen Großen Mützen, die weißen Gürtel und die Gewehre mit Bajonett, bereit für die Franzosen.

Jürgen winkte den Soldaten zu und rief: „Zeigt es den Franzosen!“ Er lächelte und fuchtelte mit den Armen. Für einen kurzen Augenblick war er dort unten in seiner schicken Uniform und mit gewichsten Stiefeln.


Doch die Traumwelt wurde durch einen Geruch unterbrochen. Der Hauch drang tief ihn seine Nase und seine Gedanken ein. Jürgen schloss die Augen. Es war die Kohlsuppe seiner Mutter, die ihn zurückholte. Wie mechanisch öffnete er die Schranktür, legte den Sack hinein und machte sie wieder zu. Nein er konnte Mutter noch nicht verlassen. Noch nicht. Er öffnete die Tür und Hermine sah ihn lächelnd an.


Jetzt hat sie wieder gewonnen, dachte ihr Sohn und sah sie trotzig an. Doch das Lächeln verschwand nicht.


„Jürgen, setzt dich mal bitte und nimm dir Suppe,“ sagte Hermine und lächelte noch immer. Dieses Lächeln und der Glanz in ihren Augen machten Jürgen nervös, und er spürte wie wieder der alte Ärger ihn ihm aufzusteigen begann.


Sie weiß es, diese elende, weiß es, dass sie gewonnen hat.

„Ich habe mir überlegt, dass du nächstes Jahr die Schule beendet haben wirst,“ nahm Hermine den Faden ihres Gespräches wieder auf; die erste Kelle Suppe auffüllend.


„Danach kannst du meinetwegen in den Krieg ziehen.“ Die zweite Kelle wurde aufgefüllt.


Jürgen blickte seine Mutter mit großen Augen an.


„Wie kommst du denn jetzt darauf?“ stammelte er.


Hermine schmunzelte: „Ich kann dich nicht mehr lange an mich binden, das ist mir klar. Du bist älter geworden, wir alle sind durch den Krieg älter geworden. Darum schlage ich dir diesen Kompromiss vor.“


Jürgen sprang auf, die dritte Kelle schwappte auf den Tisch, und umarmte seine Mutter herzlich.


„Aber drei Bedingungen habe ich noch...“ meinte Hermine.
Ihr Sohn sah sie fragend an.


„Erstens: Mach einen guten Schulabschluss. Zweitens: Finde deinen Bruder. Und Drittens: Iss deine Suppe, sie wird sonst kalt.“


Als Jürgen sich über den Teller beugte fingen seine Schultern plötzlich an zu zittern. Seine Mutter schaue ihn fragend an. Und dann lachten beide, die Spannung im Raum verflog. Doch es war irgendwie nicht befreiend, eher wie ein Hilfeschrei.


*


Auf der Straße hörte ein Soldat das Lachen und dachte: Warum muss ich ihn den Krieg ziehen und kann nicht so sein wie der Junge eben. So befreit lachend und fröhlich.... und bei seinen Eltern.


Die Fliege


Die Fliege war schon eine ganze Weile über die bunt gefleckte Wiese geschwirrt und hatte kaum noch die Kraft um zurück zu dem Bauernhof zu gelangen.

Da gibt es immer genug zu Essen, dachte sie und flog direkt zu dem sichersten Ort der Welt – ihrem zuhause.

Ich weiß nicht mehr ob es Unachtsamkeit, Übermut, die Müdigkeit oder alles zusammen war.

Wie auch immer, die Fliege kam nie an Ihrem Ziel an, denn zwischen zwei Balken hatte eine Spinne ihr Netz gespannt. So voller Schönheit und Eleganz, so zart und doch kräftig, ein Meisterwerk und doch so tödlich.

Die Fliege versuchte sich aus der Falle zu befreien, doch das Netz hielt sie in ihren klebrigen Armen gefangen.

Dann durchlief eine Woge das Netz und ein Schauer die Fliege. Mit Panik im Blick sah sie ihren Tod vor Augen. Die Spinne kam, die Künstlerin, die Meisterin – die Henkerin.

„Nie wieder werde ich die Wiese sehen, den Hof, die Tiere,“ raunte die Fliege. „Mich nie wieder an einen köstlichen Pferdeapfel oder einem Kuhfladen laben.“

Die Spinne war nun ganz nah und hörte die Worte der Fliege.
„Ih, Du ißt Scheiße!“ rief sie aus, zerschnitt das Netz und ließ die Fliege frei.